Palais Bellevue als neues Haus für Literatur und Musik fertiggestellt

Sie freuen sich über die gelungene Sanierung: Stadtbaurat Christof Nolda und Oberbürgermeister Dr. Sven Schoeller. Das Palais Bellevue bietet nun dem Literaturhaus Kassel sowie dem Spohr Museum ein neues Zuhause. Darüber hinaus steht es der Stiftung Brücker-Kühner als Ausstellungsort zur Verfügung. Zudem bietet es Kulturschaffenden aus den Bereichen Literatur und Musik Räume für ihre Veranstaltungen und Projekte. © Andreas Weber/Stadt Kassel

Bei einem Presserundgang haben Oberbürgermeister Dr. Sven Schoeller und Stadtbaurat Christof Nolda das umfassend sanierte Palais Bellevue vorgestellt. Es wird im Rahmen der Museumsnacht am 2. September wieder seine Pforten öffnen. Das Publikum darf sich auf die Wiederentdeckung dieses kleinen, aber feinen kulturellen Juwels an der Schönen Aussicht freuen, das jetzt in neuem Glanz erstrahlt.

Mit komplett neu gestalteter Remise bietet es als Haus für Literatur und Musik nun dem Literaturhaus Kassel sowie dem Spohr Museum ein neues Zuhause. Darüber hinaus steht es der Stiftung Brücker-Kühner als Ausstellungsort zur Verfügung. Zudem bietet es Kulturschaffenden aus den Bereichen Literatur und Musik Räume für ihre Veranstaltungen und Projekte.

„Wir freuen uns sehr, dass es gelungen ist, diesen besonderen Ort für die Kultur in Kassel zu sichern und ein nachhaltiges wie bereicherndes Nutzungskonzept zu entwickeln. Das vielfältige literarische und musikalische Wirken in der Stadt wird hierdurch weiter gestärkt und zahlreichen Formaten eine neue Bühne gegeben“, so Oberbürgermeister und Kulturdezernent Dr. Sven Schoeller.

Stadtbaurat Christof Nolda ergänzt: „Als eines der wenigen erhaltenen Zeugnisse der Kasseler Baukultur des 18. Jahrhunderts ist das Palais Bellevue ein besonderes Kleinod in unserer Stadt. Fach- und denkmalgerecht saniert freue ich mich, dass es nun in neuem Glanz erstrahlen kann und das kulturelle Angebot an diesem Ort weiter verdichtet.“


© Andreas Weber/Stadt Kassel

Die Sanierung

Die Remise, das letzte verbliebene Fragment der Hofanlage des Landgrafenschlosses, wird mit ihrem neu gestalteten Inneren das städtische Angebot an Veranstaltungsräumlichkeiten, zur Nutzung durch die freien Kasseler Kulturszenen, ergänzen. Das ursprünglich zweigeschossige Gebäude wurde dafür entkernt, mit einem innenliegenden Korsett aus Stahl stabilisiert und in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde für die neue Nutzung hergerichtet. Der dadurch entstandene hohe Raum, der sich hervorragend für Konzerte eignet, wird durch einen eingestellten neuen Baukörper in einen Veranstaltungsbereich und ein kleines Foyer gegliedert.

Die ursprüngliche Tordurchfahrt der Remise bleibt erhalten und schafft nicht nur eine Sichtverbindung in den Garten, sondern bietet auch die Möglichkeit, die Gartenanlage in Veranstaltungen mit einzubinden. Der historische Wandbrunnen wurde auf dem Grundstück wiederaufgebaut und in die Gartengestaltung integriert.

Die zukünftige Nutzung des Palais Bellevue

In der Remise entstand ein multifunktionaler, ebenerdiger und barrierefreier Veranstaltungsraum der ca. 100 Personen Sitzplätze bietet. Dort können Konzerte, Lesungen und Ausstellungen stattfinden. Der Raum wurde mit Licht- und Tontechnik ausgestattet, einer Bühne, einem Flügel und einem Backstage-Bereich und bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten.

Der Salon im 1. Obergeschoss des Haupthauses mit prachtvollem Stuck und besonderem Ambiente ist ebenfalls barrierearm und bietet Raum für bis zu 40 Personen. Der Ausstellungsraum im Erdgeschoss bietet Raum für bis zu 50 Personen.

Das Palais Bellevue ist zukünftig der profilierte öffentliche Ort in Kassel für Literatur und Musik. Das Haus wird von drei Ankerinstitutionen bespielt und bietet mit der Remise, dem Salon und dem Ausstellungsraum eine Bühne für Ausstellungen, Lesungen und Konzerte aber auch Raum für Tagungen, Workshops und Projektausstellungen sowie neue Formate der freien Kulturszenen aus den Bereichen Literatur und Musik. Es ergänzt damit auch das Angebot des stark nachgefragten Kulturhaus Dock 4, mit dem es organisatorisch verbunden ist.

Das Palais Bellevue kann mit dem breitgefächerten literarischen und musikalischen Programm auch über die Stadtgrenzen hinaus Strahlkraft entwickeln. Gleichzeitig wird das Haus für Literatur und Musik innerhalb der Stadt ein Ort für unterschiedlichste Menschen sein, die sich für Literatur und Musik interessieren. Durch aktive Einladungen und Outreach werden im Palais Bellevue auch neue Nutzergruppen mit bestehenden Akteurinnen und Akteuren verbunden und so die Vielfalt der Kasseler Literatur- und Musikszene noch gesteigert.

Die Ankerinstitutionen

Das bisher im Südflügel des Kulturbahnhofs untergebrachte Spohrmuseum reiht sich nun in die Kassler Perlenkette der Museen und Ausstellungshäuser vom Ottoneum bis zur Grimmwelt ein und kehrt in das Haupthaus zurück. In diesem Zuge wurde die Ausstellung des von der internationalen Louis Spohr Gesellschaft mit Unterstützung der Stadt betriebenen Museums neugestaltet und weiterentwickelt. Zudem wird das Spohr Museum Veranstaltungen in der Remise kuratieren.

In das Erdgeschoss des Palais Bellevue zieht die Geschäftsstelle des Literaturhaus Kassel (ehemals Literaturhaus Nordhessen), das sich der Förderung und Vermittlung von Literatur, insbesondere in den Bereichen junge Erwachsene, Grafisches Erzählen und zeitgenössische Literatur und Philosophie zur Aufgabe gemacht hat. Das Literaturhaus Kassel veranstaltet Lesungen, Textwerkstätten und Symposien in der Remise und dem Salon.

Die Stiftung Brückner-Kühner, die sich auf dem Gebiet der zeitgenössischen Literatur und Sprachkultur, besonders im Bereich des Komischen und des Humors, für avancierte Formen internationaler Sprachkunst sowie für die Erinnerung an Werk und Leben ihrer Stifter, dem Schriftstellerehepaar Christine Brückner und Otto Heinrich Kühner engagiert, kuratiert den Ausstellungsraum im Palais Bellevue und wird eigene Veranstaltungen sowie neue Formate rund um das Thema Hörspiel im Palais Bellevue verwirklichen.

Detaillierte bauliche Beschreibung

Das Palais Bellevue (erbaut 1714, durch Architekt Paul du Ry, um 1790 Umbau durch Simon Louis du Ry) steht unter Denkmalschutz und ist das einzige herrschaftliche Wohngebäude der Kasseler Innenstadt, das auch im Inneren authentisch erhalten ist und von der höfischen Wohnkultur des späten 18. Jh. zeugt. In seiner wechselvollen Geschichte diente das Gebäude zuletzt verschiedenen kulturellen Nutzungen.

Bis 1970 beheimatete das Palais Bellevue die Städtische Kunstsammlung. Danach zog das Brüder-Grimm-Museum ein, es wurde als documenta-Standort genutzt und auch das Spohrmuseum und Kulturamt fanden dort zeitweise ein Zuhause. Nach Auszug des Brüder-Grimm-Museums im Zuge der Eröffnung der Grimmwelt wurde das Palais Bellevue, bis auf eine Zwischennutzung im Rahmen der documenta 14, geschlossen und Sanierungsarbeiten begannen. Erste Pläne für die Nutzung des Palais Bellevue als Haus für Literatur und Musik wurden 2016 gemacht.

Das ursprünglich zweigeschossige Gebäude wurde entkernt, mit einem innenliegenden Korsett aus Stahl stabilisiert und in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde für die neue Nutzung hergerichtet. Der dadurch entstandene hohe Raum eignet sich hervorragend für Konzerte. Der Raum wird durch einen eingestellten neuen Baukörper in einen Veranstaltungsbereich und ein kleines Foyer gegliedert.

Die ursprüngliche Tordurchfahrt der Remise bleibt erhalten und schafft nicht nur eine Sichtverbindung in den Garten, sondern bietet auch die Möglichkeit, die Gartenanlage in Veranstaltungen mit einzubinden. Der historische Wandbrunnen wurde auf dem Grundstück wiederaufgebaut und in die Gartengestaltung integriert.

Das Dach und die Fassaden des Haupthauses wurden bereits 2001 instandgesetzt. In den Jahren 2010/2011 erfolgte eine umfassende Sanierung der Innenräume des Haupthauses und eine Erneuerung der Fenster. Danach beherbergte das restaurierte Palais Bellevue für eine Übergangszeit das Brüder-Grimm-Museum bis zur Fertigstellung der Grimmwelt. Im Anschluss nutzte die documenta gGmbH die Räumlichkeiten im Rahmen der documenta 14.

Haupthaus und Remise haben nun separate Eingänge. Beide Gebäudeteile nutzen jedoch gemeinsame Infrastruktur, Sanitäranlagen, vertikale Verbindungen (Fahrstuhl, Treppen) und Rettungswege.

Hauptaugenmerk bei der Sanierung lag auf der Remise des Palais Bellevue, um sie zu einem vielseitig verwendbaren Veranstaltungsort mit ca. 100 Sitzplätzen umzubauen. Dazu wurde die kleinteilige Raumstruktur der Remise aufgelöst. Alle Innenwände und die Geschossdecke über dem Erdgeschoss wurden entfernt. In diesen so entstandenen großzügigen Raum wurde ein neuer Baukörper eingestellt, der mehrere Funktionen übernimmt:

– Treppe zwischen Erd- und Obergeschoss,

– Fluchtweg aus dem Obergeschoss des Haupthauses,

– Sanitäranlagen, inkl. einer barrierefreien behindertengerechten Toilette,

– Regiekabine,

– Verbindung zum Haupthaus im Obergeschoss inkl. Nutzung des Fahrstuhls,

– Bar/Theke im Eingangsbereich.

An der nordwestlichen Giebelwand (zur Frankfurter Straße) wurde eine flexible Bühne eingebaut, die sich in Teilen oder als Ganzes absenken lässt. Der „Backstage-Bereich“ wurde als Teil eines neuen schlichten Baukörpers vor der Giebelwand errichtet. Der größere Teil dieses neuen Anbaus dient der Unterbringung eines Transformators und der dafür notwendigen Technik der KVG zur Versorgung des Straßenbahnnetzes.

Der Erweiterungsbau wurde denkmalgerecht in die bestehende Anlage integriert. Er wurde als eingeschossiger Baukörper in Verlängerung der Remise angeordnet und fügt sich dezent hinter einer ergänzenden Einfriedung aus Natursteinmauerwerk in das Ensemble ein. Die Fassade wurde mit einem modernen, aber zurückhaltenden Fassadenmaterial gestaltet. Dadurch setzt sich die Erweiterung gut erkennbar vom historischen Bauwerk ab.

Die Außenwände der Remise wurden im Inneren mit Portalrahmen aus Stahl stabilisiert. Die Erschließung wurde neu geordnet. Beide Gebäudeteile, Haupthaus und Remise erhalten getrennte Eingänge. Der Zugang ins Hauptgebäude erfolgt nun wieder über den historischen Haupteingang von Seiten der Straße „Schöne Aussicht“. Der neue Eingang in die Remise erfolgt ebenfalls von dieser Seite über eine Türanlage im Giebel.  Der im Haupthaus untergebrachte Aufzug dient beiden Gebäudeteilen.

Die Fenster und Türen der Remise wurden denkmalgerecht erneuert, die in den Garten führende historische Holztür wurde restauriert. Das Außenmauerwerk war zu Beginn der Sanierung in baufälligem Zustand und wies viele Risse auf. Auch das Mauerwerk wurde fachgerecht saniert und der Außenputz neu aufgetragen.

Das während der Sanierung sichtbare historische Mauerwerk setzt sich aus verschiedenen Materialien (Sandstein und Ziegelsteine) zusammen. Es dokumentiert die damalige Bauweise und die Veränderungen über die Jahrhunderte. Dieses Zeitzeugnis wurde wieder verputzt, um das Mauerwerk vor Witterungseinflüssen zu schützen und um die historische Wandgestaltung wieder herzustellen.

Die gesamte Haustechnik (Heizung, Lüftung, Elektro und Medientechnik) der Remise wurde erneuert. Die Wärmeversorgung der gesamten Liegenschaft erfolgt klimafreundlich über Fernwärme.

Die Arbeit an dem denkmalgeschützten Kleinod erforderte ein sensibles Vorgehen und wurde eng mit der unteren und oberen Denkmalschutzbehörde abgestimmt. Beispielsweise mussten Abdichtungs- und Entwässerungskanalarbeiten im Erdreich immer begleitend auch bodendenkmalpflegerisch sondiert werden.

Die Baukosten, inkl. Herrichten des Haupthauses für die neuen Nutzungen und inkl. der neu gestalteten Außenanlagen betragen rund 4,1 Mio. Euro. Für das Projekt gewährte das Land Hessen aus Tourismus-Fördermittel einen Zuschuss in Höhe von 670.000 Euro, so dass der Eigenanteil der Stadt Kassel bei rund 3,4 Mio. Euro liegt. PM: documenta-Stadt Kassel 

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